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Kailash mon amour

Seit drei Tagen wieder in Frankfurt schreibe ich diesen Artikel bevor alle Freunde mich fragen "Wie wars?" und nach 5 mal erzählen die Energie verpufft ist:

 

Im Mai/Juni habe ich die Saga Dawa Tour zum Kailash geführt und mit einem Monat Pause  im Juli/August die gleiche Runde noch einmal. Die Reise die immer noch einen Monat dauert ist nach wie vor eine brilliante Komposition und die Route bezüglich der Höhenaklimatisation und der unterschiedlichkeit der Eindrücke ein kleines Kunstwerk. Nach wie vor sehr anstrengend wird der Trip dennoch immer komfortabler.

 

Früher hatte ich alle Hände voll zu tun die Gruppe zu beruhigen wenn der Flug nach Simikot nach 5 Tagen immer noch nicht ging. Maoistischen Rebellen (die heute in Nepal an der Regierung sind) nahmen überteuerte Wegezölle von den Touristen  (100$ pro Person). Ich musste die Tibeter ermuntern die kaputten Blattfedern Ihrer Jeeps mit einer alten Schuhsohle zu flicken anstatt wild zu debattieren, die Gäste aufbauen nach einer langen und anstrengenden Fahrt über die unbefestigten und staubigen Pisten, den versoffenen Fährmann überreden seine Fähre über den Tsangpo anzuwerfen obwohl die chinesische Regierung im entfernten Bejing verfügt hat, das alle Fähren im Hochwasser Monat August geschlossen bleiben. Zu guter letzt mussten alle die Nerven behalten weil auf der Rückfahrt, bereits auf der nepalischen Seite nochmal eben 12 Erdrutsche waren. So waren wir alle froh, heil und lebendig wieder im schönen Hotel Vajra in Kathmandu anzukommen zu sein und morgens einen frischen Obstsalat essen zu können. Wir hatten alle Angst und das mit gutem Grund und wir waren alle wütend und auch das zu Recht.

Tut mir leid wenn ich nostalgisch werde aber so habe ich die Kailash Reise viele Jahre erlebt geleitet und geliebt.  

 

Nun ist die Asphalt Landebahn in Simikot fertig und wir müssen selbst im Monsoon kaum länger als einen Tag warten weil die Landebahn nicht mehr abtrocknen muss bevor ein Flieger geht. Ebenfalls hat China in der letzten drei Jahren Milliarden von Yüan in den Ausbau der Infrastruktur von West Tibet investiert, so das nun dieses Jahr die Asphals Strasse von Ali der Hauptstadt im Westen bis Lasha auf einer Strecke von 900 km fertig ist. Sie wird von Stromleitungen flankiert und auf den Hügeln stehen Handy Masten. Die Rückfahrt die früher 5-6 Tage gedauert hat legen wir nun in 2 Tagen zurück und haben somit noch genügend Zeit den Manasarowar See zu umrunden ( was ich persönlich langweilig und anstrengend finde, meistens habe ich dann die Nase von der Höhe auf 4700 m bereits voll).

Heute kommen die gruppendynamischen Prozesse sowie die körperlichen und psychischen Turbulenzen mehr in den Vordergrund (nicht das wir früher nicht krank waren und neurotisch waren, aber es war nicht so wichtig). Es werden Führungsfähigkeiten gefordert die nicht nötig sind und systemisch therapeutisches Können das ich da oben nicht habe. Die zwischenmenschlichen Begegnungen waren z.T. herb, andere sehr bereichernd. Kailash bleibt die Meisterrunde auf vielen Ebenen auch wenn ich nicht immer alle Hürden bestehe.

 

Ich erinnere noch Zeiten in Darchen, dem Dorf und Ausgangspunkt der Kailash Kora wo ich zum scheissen einfach raus aufs Hochplateau gelaufen bin und hinter einer Brennessel bis auf ein Rudel wilder Hunde meine Ruhe hatte mit einer grandiose Sicht auf die Seen, das Gurla Mandata Massiv und die unendliche Weite. Die öffentlichen Klos in Darchen und Tibet überhaupt haben sich nicht geändert, man findet Sie dem Gestank folgend 300m gegen den Wind. Jetzt ist Darchen noch mehr verdreckt und so gewachsen das ich nicht mehr aus dem Dorf rauskome wenn ich muss. Selbst wenn, müsste ich an mehreren Police Stations und Checkpoints vorbei und würde mich neben eine neue Baustelle hocken. Die Tibeter ändern Ihren Lebensstil, es entstehen Motorrad Clans mit bunt geschmückten Maschinen und schöne traditionell gekleidete Nomaden Frauen fotografieren mich mit Ihren Handys.

 

Seit ein paar Jahren vergibt China in großen Mengen (ca. 100.000) Permits für Pilgerreisen zum Kailash an Indien. Von der Indischen Regierung werden Sie an die Bevölkerung verlost wie bei den Amis die Green Card. Inder reisen  in grossen Gruppen von  70 - 120 Personen. Die indischen Reiseagenturen die sich auf diese Route spezialisiert haben stecken die Pilger in eine meist zu grosse bodenlange Daunenjacke und darunter schauen Flipflops und Saries hervor. Oft nicht sehr sportlich und auf die Höhe nicht vorbereitet werden die erschöpften Menschen auf Pferde gehievt und um den Kailash transportiert. Danach nochmal eben die Füße in den heiligen See Manasarowar halten und heim gehts. Unsere Agentur hat gelegentlich Probleme Jeeps und Fahrer zu bekommen oder Zimmer in Guesthäusern, weil alles von den Indern ausgebucht ist.

Die große Prominenz die Tibet und der Kailash in den letzten Jahren in den westlichen Medien hatte zeigt kaum Niederschlag am Kailash. Wo seid Ihr alle die Ihr so gerne dorthin wollt? 

DasTraurigste wird oft von den Tibetern selbst veranstaltet.

Im Mai noch ganz in den Anfängen so war im August die Strasse um den Kailash schon halb fertig. Es sind Tibeter, allen vorran der Rimpoche der Drira Puk Gompo an der Nordseite des Berges der den Bau der Strasse fordert, fördert und z.T. finanziert. In wenigen Jahren wird Kailash ein spiritueller Disney Park sein und die Inder können vielleicht mit einem Bimmel Bähnchen um den heiligen Berg. Die Entwicklung ist rasend schnell und ohne Wiederstand. Es bricht mir das Herz wenn ich die Bulldozer und Bagger auf der Kora sehe die Erdmassen bewegen und Strommasten aufstellen. Es bricht mir das Herz wenn ich sehe wie die Tibeter die wundervollen heißen Quellen in Tirtapuri, einem der 24 geheimen Orte der Dakinis und starke Padmasambava Caves, das Wasser in betonierte Becken einfangen, in einer langen Pipe in ein abgelegenes Badehaus leiten in dem man Holzwannen mieten kann, die nach 2 Jahren bereits verrottet sind. Es bricht mir das Herz weil ich Romantikerin bin und eine langjährige Liebesbeziehung zu einem wilden, unberührten und unbezähmten heiligen Gebiet hatte.

"Ke Gane" - "what to do", mit diesem typisch nepalischen Kommentar werden die dramatischsten Ereignisse schicksalsergeben mit einem Achselzucken entgegengenommen. 

Und dennoch bleibt diese Reise ein Juwel und nach wie vor erlebenswert. Dies war nun meine 12te Runde und nächstes Jahr nach der 13ten im April kommt die innere Kora, die in einem Tag gemacht wird da es keine Übernachtungsmöglichkeiten gibt. Man ist lange auf 6000 m und geht über Geröll und Eismoränen. Ob danach mein Kailash Kapitel für dieses Leben geschlosssen wird oder nicht wird sich noch zeigen.

 

Kathmandu

Der Monat zwischen den beiden Kailash Touren war von einigen Verlusten geprägt, zuerst habe ich mein Handy mit allen Nummern in einem Taxi liegen lassen, dann zwei Wochen später ist mir eine Flasche Wasser durch mein neues Mäc Book gelaufen und hat einen Totalschaden verursacht. Timemaschine hat meine Daten gerettet aber ich habe im Moment keinen Zugriff darauf. Zu guter Letzt habe ich mich von Pratab getrennt meinem wunderbaren nepalischen Freund, aber leider hat dieser große kulturelle Unterschied und keine Kommunikation da er kaum Englisch spricht nicht funktion. Seit der Trennung geht es mir sehr viel besser.

Als ich von der zweiten Kailash Runde nach Hause kam sah ich das Ronnie der Schäferhund eine Kiwigroße offene Wunde an seiner eh sehr schwachen Hüfte hatte. Meinem Schreckensschrei folgend kam Amala auf dem Haus und kurz darauf der Tierarzt. Er meinte die Wunde sei voller Maden was ich mir echt nicht vorstellen konnte und am nächsten Tag müsse er operieren. Am nächsten morgen, nachdem ich die Gruppe am Flughafen verabschiedet hatte wurde Ronnie unter Vollnarkose gesetzt, auf den Gartentisch gelegt und der Arzt fragte mich ob ich Ihm wohl bei der Arbeit helfen und mit der Taschenlampe die Wunde ausleuchten könne - schluck - ja es waren ca. 60 Maden tief im Fleisch. Jetzt wird er für ein paar Tage verwöhnt und erholt sich, aber ob er noch lebt wenn ich wiederkomme weiss ich nicht, ich wünsche es mir sehr.  Alles in allem war es eine ehr herbe Zeit und ein Trost war es mich nachmittags um 5 in meinem Atelier zu verbunkern und bis in die frühen Morgenstunden Aquarelle zu malen. Auch für eine schöne Abschiedsparty hat die Zeit noch gereicht, ich lade 3 Nepalis ein und 10 kommen, auch Stefan brachte nicht nur 5 seiner Jungs mit sondern 12. Amala hatte Momos gemacht und gekocht. Die Hütte war voll. Als alle weg waren holte Amala noch eine verborgene Flasche Brandy aus Tashis Geheimfach hervor. Das kommt gut wenn man 4 Wochen nichts getrunken hat. Bei aller Unbill, so und genau soo liebe ich das Leben.

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