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Goenka's Vipassana Retreat in Nepal

Da ich in den letzten 12 Jahren fast nur tibetischen Buddhismus geübt habe wurde seit geraumer Zeit mein Bedürfnis nach schlichter Stille sehr groß.
Keine komplexen Praktiken und Philosophien, sondern einfach den Atem beobachten und merken was geschieht.
In Europa sind die Goenka Vipassana Zentren meist ausgebucht, daher habe ich mich zum 10 Tage Retreat im nepalesischen Zentrum Dhamma Shringa angemeldet. Da sofort ein Platz frei war vermutete ich das hier das Interesse nicht so groß sei und erwartete einen Kurs von einer Hand voll junger Ausländer. Irrtum, das Zentrum ist einfach sehr groß und die Gruppe hatte eine Größe von ca. 130 Personen davon waren ca. 80 Nepalis und 50 Ausländer. Der Alterdurchschnitt lag bei 20 bis 30 Jahren. Ich war erstaunt.

Wer sich zu diesem Retreat anmeldet egal, wo auf dieser Welt findet, überall die gleiche Retreatstruktur. Bevor man sich anmelden darf, muss man die Disziplin Regeln mehrmals lesen und genau prüfen, ob man sich das zutraut und durchhalten kann. Man kann das Retreat nicht abbrechen. Darauf wird mehrfach hingewiesen. Also man verpflichtet sich, die 10 Tage durchzuhalten. So wie man auch bei einem Krankenhaus Aufenthalt nicht heim geht, weil es zu weh tut.

Mit Eintritt in das Zentrum, welches traumhaft am Eingang des Shivapuri Nationalparkes mit Hanglage und Blick über das Kathmandu Tales gelegen ist, gibt man alles ab: Geld, Handy, Pass, Schreibsachen, Bücher, IPad...
Mitnehmen darf man Kleider, Bettwäsche, Toilettenartikel und Medikamente.  
Es gilt nolbes Schweigen, keine Kommunikation, auch kein Blickkontakt. Männer und Frauen sind in getrennten Bereichen untergebracht, der Tagesablauf ist für 10 Tage gleich.
Aufstehen morgens um 4.00 Uhr abends Licht aus um 9.30 Uhr.  
Frühstück morgens um 6.30 Uhr und um 11 Uhr ein Daal Bhat, das übliche Reis, Linsen Gemüse Mahl. Das war‘s.


Dazwischen sind 10 Stunden sitzende Meditation in der abgedunkelten Meditationshalle.

Die Pausen zwischen den Sitzungen betragen genau 5 Minuten, abends ein Vortrag.


Man könnte ja auch erst mal mit kürzeren Zeiten anfangen oder das viele Sitzen mit Gehmeditationen auflockern,

aber nein, indische Pädagogik geht anders.


Goenka lehrt eine Form der Vipassana Meditation aus Burma die sich am Pali Kanon orientiert, also den ursprünglichen Lehrreden des Buddha und sich auf das große Sutra der vier Grundlagen der Achtsamkeit bezieht:

das Maha Satipatthana-Sutta. Aber auch die Lehre vom bewussten Ein- und Ausatmen, dem Anapanasati Sutta. Dharma von der Quelle sozusagen. In den Video Lehrreden am Abend, rollt er den Dharma von der Basis in allen Punkten her auf: die erste Lehrrede von den 4 edlen Wahrheiten, eine starke Betonung der Ethik, die Entwicklung von Sammlung und Weisheit und viele Geschichten aus Buddhas Leben.

In den ersten drei Tagen wird der Geist geschärft indem der Atemstrom an einer kleinen Stelle am Naseneingang beobachtet wird. Ab dem vierten Tag wird das Bodysweping eingeführt, d.h. zuerst an der Hautoberfläche, später auch im Körper selbst von oben nach unten und von unten nach oben den Körper zu „scannen“. Dabei liegt die Achtsamkeit auf dem beobachten der Körperempfindungen wie Wärme, Kälte, Druck, Pulsieren, Strömen, Ziehen...
Die Meditationstechnik ist eine Form der Konzentration, die bewusst vor den meditativen Vertiefungen bleibt (die Ayya Khema so wunderbar lehrte), weil in der Strahlkraft und tiefen Ruhe der meditativen Vertiefungen die drei Daseinemerkmale nicht mehr gespürt werden und die Anhaftung an diese schönen Zustände zu groß ist. Aber um die drei Daseinsmerkmale geht es hauptsächlich, allem voran um den Wandel (Anicca). Alles was ist auf dieser Welt, erkennen wir daran, dass es sich verändert (Anicca), dass es nicht wirklich und dauerhaft erfüllend ist (Dukkha) und das es kein unabhängiges Selbst hat (Anhatta).

Der wichtigste und ausschliessliche Aspekt dieser Meditation ist es die körperlichen Empfindungen zu bemerken ohne darauf zu reagieren. Statt dessen wird die Veränderung (Anicca )von allem was auftaucht, beobachtet.

Kein Schmerz und kein Strömen bleibt lange Zeit so wie es ist. Das hat Goenka in jeder Anweisung immer wieder betont. Es geht bei der Meditation nicht um angenehme Gefühle (deshalb werden die meditativen Vertiefungen wohl auch vermieden) sondern darum eine Gleichmütigkeit zu entwickeln die angenehme wie unangenehme Eindrücke als das Gleiche betracht, nämlich von einer vergänglichen Natur.
Man trainiert, auf angenehme Gefühle nicht mit haben wollen und behalten zu reagieren und auf unangenehme Gefühle nicht mit Aversion und los werden wollen. Auch die bis jetzt nicht bemerkten Empfindungen, sollen bemerkt werden. Da die tiefsten Ebenen unseres Geistes unmittelbare Reaktionen auf unsere Körper Empfindungen sind, wird hier der Geist an seiner Wurzel trainiert. Eine intensive und anspruchsvolle Praxis unmittelbar an den drei Grundgiften des Geistes: Haben und behalten wollen von angenehmen Empfindungen z.B. Strömen, Leichtigkeit, Durchlässigkeit, Helligkeit; loswerden wollen und Ärger auf unangenehme Empfindungen wie Stauungen, Schmerz, Druck, Dunkelheit... und nicht bemerkte Empfindungen zu bemerken, also Überwindung der Ignoranz.
In dieser Praxis wird nichts benannt, nichts gezählt und auf Gedanken nicht weiter geachtet, es gibt keine Mantren, Affirmationen oder Sätze, auch geht es nicht um die Natur des Geistes, sondern um das zähmen der drei genannten Geistesgifte. Es ist eine rein auf die Körperempfindungen konzentrierte Methode.
Dafür sind natürlich die Schmerzen in den Knien und Hüften die automatisch auftauchen wenn man plötzlich 10 Stunden am Tag still am Boden sitzt bestens geeignet. Ab dem vierten Tag kommt die Anweisung drei Sitzungen am Tag sich für eine Stunde nicht zu bewegen. Die Beine werden weich und am besten Sie schlafen ein, dann ist der Schmerz für die Dauer der Sitzung nicht mehr so schlimm. Und in der Tat, ab dem siebten Tag geht es schmerzfrei und mühelos, ich hab mich einfach durchgesessen.
Ein Retreat für die die es wissen wollen. Es ist anstrengend, herausfordernd und nüchtern.
Ein Hauch von Kontrolle durchweht das ganze Ambiente. Eine unaufdringliche, zurückhaltende Kontrolle der Dharma Helfer die allgegenwärtig und sehr angenehm ist und das Einhalten der ethischen Regeln und Disziplin leicht macht. Keine Frage sitze ich morgens um 4.30 auf dem Kissen. Keine Sitzung habe ich geschwänzt, das ist mir noch nie passiert.

Das ganze Retreat kostet nichts, es ist rein auf Dana (Spenden) Basis und am Ende des Retreats darf man eine Spende geben. Ein kluger und gut funktionierende Schachzug, nicht nur in der Tradition der Großzügigkeit und das der Dharma nicht mit Geld zu gezahlen sei, sondern man hat auch keine Möglichkeit sich zu beschweren.

Und, wie ist es mir damit gegangen? Puh, in den ersten Tagen haben meine Hüften geschrien wenn Sie das Kissen nur gerochen haben und der Schmerz in den Knien hat auch in den letzten beiden Tagen erst aufgehört. Der Koffeinentzug, eine Ernährung mit wenig Obst und das viele sitzen hat dazu geführt das meine Verdauung Ferien gemacht hat, der Betrieb war geschlossen. Das fühlt sich nach ein paar Tagen echt Sch... an.
Auch ging mein Blutdruck stellenweise so runter das ich kaum wach bleiben konnte. Es gab mehr als genügend Eindrücke in meinem Körper um Gleichmut und zu üben.


Aber auch so schöne Momente, wenn morgens um 4.30 Uhr die Lerche sang, die Stille in der Halle bei so vielen Menschen, das Morgenlicht in dem schönen Garten in dem Frühlingsgrün der Pflanzen und endlich, nach ein paar Tagen, als mein Affengeist aufhörte permanent zu quatschen wurde es still - wunderbar.


Sehr geholfen hat mir mein Wissen von Ayya Khema, Fred von Almen und anderen guten Vipassana Lehrern im Westen, die die Lehren und Meditationstechniken für mich und wohl für Westler überhaupt anders aufbereiten und ein umfassenderes Verständnis legen, als es Goenka tut. Ohne diesen Hindergrund wären mir die Einweisungen in die Methode zu wenig, schlecht und ungenau gewesen und ich wäre vermutlich abgeschweift.
Es gibt so wunderbare und erfahrene Lehrer und Zentren in Europa, ob man da diese sehr ursprünglich Art mit der radikalen Disziplin braucht ist die Frage. Wohl nicht umsonst waren es fast nur junge Leute.
Aber dennoch, ich glaube ich mache es wieder, ich seh das sportlich.

Wer sich für dieses Retreat interessiert geht zu
http://www.dhamma.org
Ansonsten findet Ihr gute Vipassana Retreats z.B. in Beatenberg mit Fred von Almen, oder im Buddha Haus oder Ihr Googelt einfach.

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