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Karneval im Zwischenreich

Die Düsseldorfer Weissfräcke hatten zum "Frechen Mädchen Ball" am Karneval Samstag, eingeladen. Das Thema war: Karibik.  2000 Leute wabern in dem dunklen, modernen Saal der Schlösser Brauerei auf der Ratinger Strasse. An den Wänden laufen Screens von der Karibik mit Ausschnitten von Jonny Deep und üppigen, tanzenden Jamaikanerinnen. Die Musik kreischt Karnevalsschlager, Pop, Techno. Ein Gespräch ist unmöglich. Ich trage ein Hawai Hemd, Bermuda Shorts und eine dunkle Sonnenbrille, stehe mit 4 Freunden an einem Stehtisch und halte mich immer wieder an der massiven Spanplatte fest. Der Alkohol, der Lärm, die Laseranlage, die Menschen, alles braust um uns herum, wir brausen mit.
Die Spanplatte des Tisches ist wie ein Baumstamm in wildem Gewässer, das einzig Feste.
Trauben von Matrosen, Polizisten, Hullahupp Mädchen und Teddibären rauschen an uns vorbei, schreien Konversation in meine Ohren.

Dann dämmert mir nach ein paar Bier, dass so - und genau so - im Bardo Tödol, dem tibetischen Totenbuch, der "Zwischenzustand" beschrieben wird, jene Übergangszone die wir nach unserem Tod durchqueren bis zu einer neuen Geburt.
Es soll, sehr laut sein, unbeschreiblich intensiv, chaotisch und strudelig, auf allen Ebenen.

Wie auf der Achterbahn, wenn sie abwärts schießt. Wer das liebt, hat es fein. Wer nicht, wird das Ganze durch die Panikbrille als Hölle erleben.
Es sei im Zwischenzustand viel los um uns herum, heißt es, und hilflos seien wir, wenn wir keine Orientierung mehr haben. Das wird mir klar als ich kurz auf einem Treppenabsatz stehe und auf die wabernde, feiernde und kreischende Menschenmasse schaue.
Tja, wohin würde es mich jetzt ziehen wenn ich nicht wüsste, wo meine Freunde und der Stehtisch wären?

Würde ich mich, von Durst getrieben, zum Tresen durchschlagen?
Oder in Richtung Bühne steuern? Oder würde mich eine Gruppe Leute ansprechen in deren Nähe ich mich begeben würde? Die Matrosen vielleicht? Oder doch eher die Hullahupp Mädchen?
Wie wäre es, wenn ich Angst hätte vor der Intensität, weil ich Sie nicht gewohnt wäre?

Oder Geräuschempfindlich wäre, oder Panik in der Menschenmenge bekäme?
Dann könnte dieser Trip sehr schnell zum Horrortrip werden.
Was ist, wenn dieser strudelige Sturm Erinnerungen bei mir auslöst, die sich mit dem Getose im Außen vermischen?
Und jedes Wesen auf dieser Party empfindet diesen Moment anders. Jeder Mensch hat eine eigene Färbung auf dieses Geschehen - und ein eigenes Erleben.

Auch wird gesagt, dass es nicht so sehr die starke Intensität dieses Zwischenreiches sei, die verwirrend ist, sondern dass wir in diesem Leben so heruntergedrosselt seien, dass wir eine starke emotionale und energetische Intensität kaum mehr kennen. Unser Alltagsgeist lässt uns in einem dumpfen Zustand verweilen, in dem wir wenig spüren.
Aus der Sicht der Buddhas und Bodhisattvas werden wir als abgeschattet, heruntergedrosselt und verwirrt beschrieben, mit gelegentlichen Aufhellungen.

Wenn dann unser Bewusstseinsstrom im Zwischenzustand nicht mehr in einem Körper verankert ist, sondern frei im Äther trudelt, können wir sehr schnell reisen. Wenn uns ein Impuls nach Brasilien durchströmt, dann sind wir direkt dort, so wie ja auch jetzt schon ein Teil von uns dort ist, wenn wir von Brasilien nur träumen. Es sei ein Zustand jenseits von Raum und Zeit. Die Schamanen reisen in die Zwischenreiche. Aber auch, wenn wir uns zum schlafen legen, gibt es einen Teil, der sich in das Zwischenreich begibt.

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